Theater Quedlinburg

Zum dreizehnten Mal wurden die jährlichen Theaterpreise durch den Theaterförderverein Halberstadt und den Musik- und Theaterverein Quedlinburg am 15.11.2019 vergeben.

Der Preis für die beste Inszenierung der vergangenen Spielzeit wurde von der Jury an die Oper "Mignon" in der Inszenierung von Hinrich Horstkotte vergeben.

Für ihre künstlerische Einzelleistung erhält die Ausstatterin Andrea Kaempf den Theaterpreis 2019.

Herzliche Glückwünsche an die Preisträger!

Den Rahmen für die Theaterpreisverleihung bildete das 2. Sinfoniekonzertes im Großen Haus in Halberstadt.
Das 2. Sinfoniekonzert fand auch in dieser Spielzeit wieder im Rahmen des Impuls-Festivals für neue Musik in Sachsen-Anhalt statt. 

Wir danken an dieser Stelle der Familie unserer großartigen, in diesem Jahr leider verstorbenen Theaterförderin Frau Hauffe, sowie der Stiftung der Kreissparkasse Quedlinburg, welche die Preisgelder stifteten. 

Impressionen (Bilder von Ray Behringer)

 

Laudatio von Uwe Kraus:

Laudatio

für "Mignon"

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Theaterfreunde !

Sie wirkt sehr europäisch, diese Oper „Mignon“. Die deutsche Klassik des Johann-Wolfgang von, die französische Musik von Thomas, die blühenden Zitronen aus dem Süden, die in der französischen Opernfassung Orangen sind.

Die von Hinrich Horstkotte verantwortete musikalisch wie szenisch üppige Inszenierung des Dreiakters „Mignon“ von Ambroise Thomas, die heute als beste Aufführung der Saison 2018/2019 geehrt wird, reiht sich ein in das frankophile Repertoire der Halberstädter Aufführungsvita der Rieger-Ära. Die Produktion gilt als ein Musterbeispiel dafür, was mit eigenen Kräften gelingen kann, wenn die haargenau passenden Stücke für das Ensemble des Nordharzer Städtebundtheaters aufgespürt werden. Um nicht die ewigen zehn Standardtitel abzuarbeiten, sondern erneut jenseits ausgetretener Pfade zu wandeln. Wir erlebten einen erfreulichen Abstecher in die entlegeneren Gebiete der Operngeschichte.

Durchaus ein Wagnis in kulturell-kommerziell bewegten Zeiten, sich so eine Inszenierung für die Galerie zu leisten. Vielleicht auch Kalkül, denn wo außer in Innsbruck erleben Opern-Fans „Mignon“?

Zugegeben, die Oper wird selten aufgeführt, drei-viermal bisher in diesem Jahrtausend. Und die Vorlage Goethes Doppelroman „Wilhelm Meisters Lehr- und Wanderjahre“ gilt selbst unter seinen Getreuen nicht gerade als prickelndste Lektüre.

Doch das Harzer Publikum durfte das Werk als einen Leckerbissen für die Musikliebhaber kennenlernen. Also kein Biss in die Zitrone, sondern Opernkost, für die eine Reise in den Nordharz lohnte. In Szene gesetzt von Hinrich Horstkotte, dessen künstlerische Entwicklung das Harzer Publikum so intensiv wie kaum ein anderes verfolgen durfte und darf. Ja, der Mann stand hier bereits preisgeschmückt mit seinem Team von „Hoffmanns Erzählungen“, hat Standing Ovations zwischen „Der Barbier von Sevilla“, „Martha“ und „Der Vampyr“ erlebt, manchmal aber auch Schelte, weil er anders inszenierte, als es sein Publikum erwartete.

Hinrich Horstkotte schätzt Menschen wie Gerlind Schröder, Klaus-Uwe Rein, Bettina Pierags, die das Musiktheater hier prägen. Sie schaffen eine Atmosphäre, in der auch die jüngeren Kollegen wachsen. Darum wollte er sie gemeinsam in seiner Inszenierung haben, Bettina Pierags als Diva mit dem sängerisch wohl anspruchsvollsten Part und Runette Botha als rätselbehaftete, verletzliche, sehnsuchtsvoll suchenende, bedingungslos liebende Titelfigur, die die andere Ecke der Dreierbeziehung mit Wilhelm Meister besetzt.

Er hatte Lust, mit dem Halberstädter Ensemble diese leider vielfach unterschätzte Opéra-comique in drei Akten im Nordharz als anrührende Studie eines heimatlosen Menschen auf die Bühne zu bringen. Offensichtlich vom Wohlwollen des Intendant Johannes Rieger begleitet. Für diese ganz besondere Oper bastelten Regisseur und Musikdirektor aus dem Notenmaterial eine interessante Orchesterfassung. Wer die Aufführung genossen hat, erinnert sich bestimmt an viel Harfen-Musik.

Alles wurde stärker auf das Schicksal der Mignon fokussiert, als es Meister Goethe in seiner Vorlage tat. Daraus wuchs schauspielerisch zwischen Zucken bis in die Fingerspitzen und wirrem Streichen durch das Haar eine sehr anspruchsvolle Rolle für die Sopranistin Runette Botha, die das Publikum nicht so recht als Vamp oder Seelchen, sondern in einer Mischung aus Gretchen und Carmen erlebte.

Diese Inszenierung gilt als Ensembleleistung im besten Sinne, mit Eva-Maria Schwenkel, die das sehr komplizierte Bühnenbild schuf, mit Tanzstatisterie und Kinderballett, mit einem spielfreudigen Chor, mit Thomas Kiunke und mit Norbert Zilz in einer Doppelrolle, mit dem dauerpräsenten Wilhelm Meister, den Max An mit strahlendem Tenorschmiss versieht, mit Alterswürde als verfranster Penner Lothario Klaus Uwe Rein und Shakespeare-sicher eitel-komödiantisch Tobias Amadeus Schöner.

Es gibt vier Fassungen des Stückes mit drei verschiedenen Enden: tragisch, heiter und neutral. Wer sich wie in Halberstadt zur Urfassung mit gesprochenen Dialogen bekennt, kommt ganz Goethe-like am tragischen Schlusspunkt nicht vorbei. Kein Pariser Happyend im Nordharz, aber eine preiswürdige „Mignon“, meinen Theaterförderverein Halberstadt und Musik- und Theaterverein Quedlinburg.

 

Laudatio von Klaus Ruprich:

Laudatio

für Andrea Kaempf

Gebt ihr eine Bühne und ein Bühnenwerk – und die Zauberei beginnt: zu erleben erst jüngst bei den Inszenierungen von „Tosca“ oder „Der fliegende Holländer“. Aber es geht nicht um diese Spielzeit, sondern Besonderes aus der vorjährigen Theatersaison. Da standen nicht minder qualitative Werke auf dem Plan:

- Es war die Lerche,
- Mutter Courage und ihre Kinder
- Der Liebestrank
- Die lustige Witwe

Die Rede ist von unserer Chef-Ausstatterin Andrea Kaempf, sie ist eine Macherin, Arbeiterin, Ideengeberin. Einige ihrer Arbeiten aus ihrem Schaffen konnten Sie als Modelle im Foyer begutachten.

Seit frühester Kindheit malte und bastelte sie gern mit solchen Modellen, die etwas Großes werden sollten. Regisseur Werner Pichler charakterisiert sie wie folgt. Ich darf ihn zitieren:
„Andrea geht nicht nur von einem bildnerischen und ausstattungstechnischen Standpunkt an ihre Arbeit, sondern auch immer von einem dramaturgischen Gesichtspunkt.
Das macht die gemeinsame Arbeit sehr spannend, weil ich so auch mitunter auf neue Aspekte aufmerksam werde, die ich vielleicht bis dahin gar nicht so in meinem Bewusstsein präsent hatte. Andererseits aber ist sie auch bereit auf meine Bedürfnisse und Forderungen einzugehen, bzw. in ihren Entwürfen zu verarbeiten.
Andrea ist auch schon im Vorfeld sehr gut über die jeweiligen Werke informiert, nicht nur was die Handlung betrifft, sondern auch Entstehung, Charaktere, Autoren etc. Die Arbeit ist, wie ich sie mir wünsche, ein gegenseitiges Zuspielen von Bällen, wenn ich das so bezeichnen darf, ein gemeinsames Erspüren und Erfahren.“

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen; und doch da ist noch das Menschliche an ihr. Sie ist präsent und doch nimmt man sie nicht sofort wahr – ihre Zurückhaltung und Freundlichkeit sind ihre Markenzeichen. Bei ihrer Arbeit geht sie konsequent und zielstrebig vor. Das nun schon über 5 Jahre, denn so lange kann sich unser Theater glücklich schätzen, sie im Ensemble zu haben.

Neben dem Theater, wo sie in den Sparten Schauspiel, Oper und Tanz in Tours, Köln, Düsseldorf, Oberhausen, Münster, Zürich, Leipzig und Freiberg sowie für die Ruhr Triennale tätig war, arbeitete sie auch beim Film. So zeichnete sie unter anderem bei dem Film „Brinkmanns Zorn“, der den Grimme-Preis erhielt, für die Kostüme verantwortlich.

Grund genug für die Jury in diesem Jahr den Weg für den Theaterpreis neu zu beschreiten – Herzlichen Glückwunsch Andrea Kaempf

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