Theater Quedlinburg

Die Theaterpreise für die beste Inszenierung der letzten Spielzeit und für eine künstlerisch herausragende Einzelleistung wurden durch den Theaterförderverein Halberstadt und den Musik- und Theaterverein Quedlinburg am 15.11.2013 in Rahmen des 2. Sinfoniekonzertes der Saison in Halberstadt vergeben.
Wir danken an dieser Stelle unserem Vereinsmitglied, Herrn Mette-Braem aus Braunlage, welcher auch in diesem Jahr das durchaus beachtliche Preisgeld stiftete.

 
Laudator Uwe Kraus
Liebes Publikum, liebe Künstler,
das Theater lebt und erfindet sich jeden Abend (oder Nachmittag) neu, trotz oder weil für den Thespiskarren der Weg holpriger wird. Stücke kommen und gehen oder bleiben. „Die Physiker“ kamen vor 50 Jahren in Zürich auf die Bühne, wo sie gerade in einer höchst umstrittenen neuen Fassung konsequent aufs Experimentierfeld geschickt werden. 25 Jahre später kam Dürrenmatts als eines der moralischsten Stücke der Nachkriegszeit bewertete Werk auf die Quedlinburger Bühne. Ein weiteres Vierteljahrhundert später, also vor einigen Monaten, erlebten wir es wieder. Der Kalten Krieg ist vorbei, der Eiserne Vorhang gefallen. Zum Glück – theatertechnisch betrachtet – nicht für diese schwarze Komödie. „Die Physiker“ schmerzen heute anders als damals. Die Welt mag sich gewandelt haben, der finale Atomschlag steht uns nicht täglich vor den Augen. Erleben wir eine politisch gut abgehangene Groteske oder sind wir Zeitzeugen, wie aus Agent 007 Spion zwopunktnull wird, der freundlich aus dem Facebook-Profil grinst und Grüße von der NSA bestellt.
Da wären wir wieder bei Dürrenmatt, im Nordharzer Städtebundtheater und bei uns. Der geniale Physiker namens Johann Wilhelm Möbius, den hier Gerold Ströher so geisteskrank spielt, will im Irrenhaus seine furchterregenden Entdeckungen vor der Welt verstecken. Fragt sich der heutige Zuschauer, gibt es derzeit überhaupt noch einen Platz um irgendetwas – ob ein gutes oder schlimmes Geheimnis – zu verstecken?
Das Inszenierungsteam Regisseurin Carina Riedl, Ausstatterin Fatima Sonntag, Dramaturg Sebastian Fust und Bühnenmusik-Macher Artur Fussy folgen Dürrenmatts Dramentheorie - nach der der Zufall Regie führt und der Theaterabend die schlimmstmögliche Wendung zu nehmen habe. Und überlassen doch möglichst nichts dem Zufall. Bis irgendwann die Newton-, Einstein- und Möbius-Masken fallen. Und die der Frau, die majestätisch wirkt, die Chefin der Irrenanstalt ist und eigentlich die Prinzipalin ihrer wahnsinnigen Insassen. Illi Oehlmann spielt die renommierte Psychiaterin Mathilde von Zahnd, nicht wie von Dürrenmatt vorgesehen, als eine „alte bucklige Jungfrau“, sondern gleicht eher einer jener coolen Managerinnen, die sich in die Vorstandsetagen von Weltkonzernen emporarbeiten.
Das Scheitern der Vernünftigen am Irrsinn des realen Umfelds, Sein und Schein, Genie, Wahn- und Irrsinn, all das mischt Carina Riedl in diesem irrwitzigen Spiel. Sie setzt auf Tempo, ohne die Akteure in ihren nachdenklichen Passagen unter Schnellsprechdruck zu bringen. Immer wieder kommt dabei den Noten von Fussy dramatische Bedeutung zu, die Töne schwellen an, wirken mal minimalistisch, mal technisch-elektro-gemixt und dann wieder bewusst Schwarzwald-Klinik-kitschig. Sparsam instrumentiert, so sparsam wie „Die Physiker“ besetzt sind, weil auch dies eine Spar-Inszenierung ist. Die, wie es die Jury nicht unbedingt einmütig, aber mehrheitlich befand, heute als beste Inszenierung der vergangenen Spielzeit geehrt werden soll. Ein Mutmacherpreis für Till Petri, Gregor Faubel und Gerold Ströher, Illi Oehlmann und Arnold Hofheinz sowie Julia Siebenschuh und Teresa Zschernig.
Vielleicht denken sie auch, es ist schon irre, was hier unter den wahnsinnig schwierigen Bedingungen geleistet wird. Und jeder hofft für das Haus und jene, die es mit Kunst füllen, dass gerade diese Theater-Geschichte nicht im Dürrenmattschen Sinne zu Ende gedacht werden muss und sie ihre schlimmst-mögliche Wendung dieses eine Mal nicht nimmt.
Herzlichen Glückwunsch!


 
 

Laudator Klaus Ruprich

Zum siebenten Mal dürfen wir den Theaterpreis verleihen. In diesem Jahr geht er an einen Künstler, der so wandelbar ist, dass man keine Schublade für ihn findet. Glücklicherweise will man meinen, denn wer will immer einen Helden, immer einen Schurken, immer einen Komödianten spielen oder sehen?
Er kann alles. Ob jung, ob alt, ob ernst oder heiter – er bringt jede Rolle weiter. Sein Repertoire ist schier unerschöpflich.
Selten ist seine Aufgabe die Verkörperung der Hauptrolle, es ist aber immer eine tragende Rolle in der entsprechenden Inszenierung. Über ihn wurde schon oft in Kritiken gesagt: Gäbe es einen Oscar für die beste Nebenrolle, er hätte ihn verdient.
Wollen wir heute den Theaterpreis und ihn adeln, indem wir sagen – wir vergleichen unseren Preis ganz einfach mit dem „Oscar“ – nein, richtiger weise nennen wir ihn heute „Norbert“.
Seit 1981 ist er nicht aus dem Ensemble des Nordharzer Städtebundtheaters wegzudenken. Er hat wohl alles gespielt, was es zu spielen gab und gibt. Engagiert wurde er unter der Stimmlage „Bariton“. Doch seine Darstellungsvielfalt lässt ihn vom komischen und lustigen Fach bis hin zum dramatischen Rollenpart alles spielen.
Beeindruckend und hinreißend wird jedem der Alfred Doolittle in „My Fair Lady“ in bester Erinnerung sein.
Aber das Publikum unseres Hauses hat ihn noch in den Inszenierungen der letzten Saison in bester Erinnerung als „Ritter Schlagetot“ (Ritter Eisenfraß), „Hein Zilz“ (Traumschiff Operette), „Robert Green“ (Der Vampyr), oder „Nasoni“ (Gasparone). Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.
Was hat die Jury bewogen gerade ihm den Theaterpreis zu zuerkennen?
Nicht die langjährige Zugehörigkeit zum hiesigen Ensemble, sondern das immer wieder erkennbare Herzblut, was in diesem Allrounder fließt, ist es, was ihn stets Erfolg haben lässt. Besonders beeindruckend ist mir die Rolle des alternden Künstlers Linus in „Wunder gibt es immer wieder“, in Erinnerung geblieben.
Norbert Zilz ist wohl für jeden Regisseur eine Glücksfall, denn er braucht ihm wohl nicht mehr zu sagen, als „… das ist die Rolle, das soll daraus werden…“ – Und er macht etwas daraus, immer etwas Gescheites und für den Zuschauer Sehens- und Hörenswertes.
Nicht nur deswegen wurde wohl kürzlich auch das mdr-Fernsehen auf ihn aufmerksam und engagierte ihn für die „Geschichte Mitteldeutschlands“.
Wir wünschen uns noch viel von ihm auf den Bühnen unseres Nordharzer Städtebundtheaters.
Einen herzlichen Glückwunsch zum Theaterpreis 2013 an Norbert Zilz.
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